Ich kann nicht mehr, mir tut die Schulter weh :-(

Brigitte Huppertz
28.8.2024

Wer kennt das nicht.

Stundenlanges Arbeiten am Schreibtisch - und irgendwie tut alles im Hals und Schulter-/Nackenbereich weh. Ich brauche ein Wärmepack und am besten noch eine gute Massage, denkst du. Vielleicht hilft ja auch eine Nacht Schlaf. Und so gehst du gut eingepackt ins Bett und hoffst auf den nächsten Morgen.

Du wachst auf, drehst den Kopf vorsichtig hin und her und denkst: nö, nicht wirklich besser. Aber was solls, der Arbeitstag ruft, ein paar Schmerzmittel, vielleicht noch gut eincremen und los geht es zur Arbeit an den Schreibtisch. Es wird nicht wirklich besser.

Jetzt fragst du dich, was nun.

Um dir das zu erklären, muss ich leider mit etwas Theorie kommen. Ich versuche es auf sehr verständliche Art zu beschreiben. Unsere Muskeln können sich dehnen und zusammenziehen. Zu jedem Muskel gibt es einen Gegenspieler, der genau anders herum arbeitet. Wenn der eine Muskel sich anspannt, muss der andere nachgeben und sich verlängern, sonst funktioniert das Zusammenspiel der Muskeln nicht. Was ist nun, wenn ein Muskel dauerverspannt ist, jetzt aber plötzlich nachgeben und sich verlängern soll. Er kann es also nicht. Du spannst jetzt also den einen Muskel an, ohne dass der Gegenspieler sich verlängert. Physikalisch kann man sich das so vorstellen. Der eine zieht vorn, der andere hinten, wo geht die Kraft hin? Genau, in die Senkrechte, also bei diesem Beispiel auf die Wirbelsäule. Jetzt stellst du vielleicht die Frage, warum kann sich ein dauerverspannter Muskel nicht verlängern. Ich kann doch Muskeln dehnen.

Ja, du kannst Muskel dehnen, die Frage ist nur, was hat das Dehnen tatsächlich für eine Wirkung. Jeder Muskel wird vom Gehirn angesteuert. Im Gehirn gibt es also eine Muskel-Landkarte, aus der hervorgeht, welcher Muskel wo liegt, welche Funktion er hat und welche Möglichkeit er hat von kompletter Ausdehnung bis zur kompletten Anspannung. Das ist erst einmal genial. Doch im Laufe der Zeit bewegen wir manche Muskel nicht mehr wirklich, oder vielleicht nur noch ein bisschen. Wir nehmen vermeintlich gemütliche Haltungen ein, was dazu führt, dass bestimmte Muskeln ständig etwas angespannt sind und die Gegenspieler dagegen halten müssen, um nur mal 2 Beispiele zu nennen. Das Gehirn lernt durch ständiges Wiederholen. Da wir also wiederholt nur geringe Bewegungen machen, lernt das Gehirn, dies als neuen Funktionsradius kennen und speichert dies ab. Genauso führt die wiederholt eingenommene bequeme Haltung dazu, dass das Gehirn denkt, dieses ist der Normalzustand deiner Haltung. Von jetzt an wird dein Gehirn immer wieder alles dafür tuen, dich in diese neue Normalhaltung zu bringen, was dann aber eigentlich eine Fehlhaltung ist. Manch einer fängt jetzt an die besagten Muskel durch Dehnung wieder in die ursprüngliche Länge zu bekommen. Dies scheint auch erst einmal zu funktionieren. Doch das Gehirn macht einem einen Strich durch die Rechnung. Da das Gehirn eine neue "falsche" Abspeicherung der Funktion des Muskels hat, hilft das einmalige Dehnen nur in dem Moment, aber nicht langfristig, denn das Gehirn kann mit diesem gedehnten Muskel gar nichts anfangen, so dass ganz schnell wieder der vorherige Zustand hergestellt wird.

Noch schlimmer wird es, wenn du einen Muskel überhaupt nicht mehr benutzt. Dann nämlich streicht das Gehirn diesen Muskel aus der Muskel-Landkarte. Es entsteht ein weißer Fleck. Das Gehirn ist nicht mehr in der Lage, diesen Muskel anzusteuern, egal wie oft wir dies versuchen.

Das hört sich jetzt alles ziemlich schlimm an. Ich werde dir aber zeigen, dass es einen wirksamen Weg aus diesem Dilemma gibt. Aber zuerst noch einmal zurück zu deinen Schulter-/Nackenschmerzen.

Beobachte dich mal einen ganzen Tag dabei, wie du deine Arbeitsabläufe machst. Wie sitzt du am Schreibtisch. Wo liegt deine Tastatur und wo die Maus. Arbeitest du gerade vor dem Schreibtisch oder sitzt du verdreht davor, weil der Bildschirm seitlich versetzt steht? Hängen deine Oberarme senkrecht runter, oder streckst du deine Arme über Stunden nach vorne aus, um die Tastatur zu erreichen. Ziehst du vielleicht eine Schulter hoch oder neigst deinen Kopf gern zu einer Seite? Beobachte dich, lass dich auch gern von Kollegen im unbeobachteten Moment fotografieren. Anhand des Fotos wie du sitzt oder stehst, kann ich dir genau sagen, wo deine Probleme und vielleicht auch Schmerzen stecken.

Die eigentliche Hilfe besteht darin, dem Gehirn wieder die Ursprungsfunktion des jeweiligen Muskels beizubringen. Es gibt spezielle Übungen dafür, die eine gewisse Zeitlang täglich ausgeführt werden müssen, um die neue Programmierung im Gehirn entstehen zu lassen. Dadurch bekommst du die Schultern wieder locker und nach unten/hinten gestellt, so dass die Schmerzen aus der Fehlhaltung bald nachlassen werden.

Nehmen wir uns ein Kleinkind und eine Katze als Vorbild. Die bewegen sich Beide in alle Richtungen. Strecken und räkeln sich nach dem Schlafen oder nach anstrengendem Stillsitzen. Das heißt, wir müssen dafür sorgen unsere Muskeln in Bewegung zu bringen und zu halten.

Noch unschlüssig?

Ich helfe gerne weiter und kläre alle Fragen in einem ersten Gespräch.

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